2009 hat Luke Jostins (damals Sanger@Cambridge, jetzt ChristChurch@Oxford) in seinem Blog (mittlerweile offline) das Thema aufgegriffen:
https://web.archive.org/web/20150510023555/http://www.genetic-inference.co.uk/blog/2009/11/how-many-ancestors-share-our-dna/
Mit seinem „quick-and-dirty model of recombination“ (siehe später hinzugefügte Notiz am Beginn) kam er auf „The number of genetic ancestors … eventually flattens out to around 125„. Damals waren die ca. maximal 125 genetischen Vorfahren die einzige Referenz zu dieser Fragestellung, die ich gefunden habe. Entscheidend sind bezüglich der Annahmen die verwendeten Rekombinationsmodelle für die Chromosomen des humanen Genoms.
2013 hat Graham Coop mit Kollegen (UC Davis) im eigenen Blog das Thema aufgegriffen und ist auch laut Jostins zu deutlich belastbareren Aussagen gekommen: „a more detailed and rigorously tested model has been developed by Graham Coop and colleagues … Coop Lab blog here and here. Graham’s model is based on more accurate data, more careful tracking of multiple ancestors and a more realistic model of per-chromosome recombination, and thus his results should be considered to have superseded mine.“
https://gcbias.org/2013/11/11/how-does-your-number-of-genetic-ancestors-grow-back-over-time/
Die genetischen Vorfahren flachen nicht ab einem Punkt komplett ab und betragen bei 20 Generation (1.048.576 genealogische Vorfahren ohne Implex) in etwa 1.100 genetische Vorfahren (ca. 0,10%).

Bob Jenkins (PhD computer science @ Microsoft) hat 2014 ähnliche Resultate wie Coop errechnet:
http://burtleburtle.net/bob/future/ancestors.html
Bei 20 Generationen (1.048.576 genealogische Vorfahren) hat er im Schnitt 1.296 genetische Vorfahren (min. 1.170 bis max. 1.429) was in etwa 0,12% entspricht.
Bis zur 4. Vorfahrengeneration (16 Ahnen) sind alle genetische Vorfahren, die 5. und 6. Vorfahrengeneration sind durchschnittlich noch nahe 100% und von der 8. (220/256 = 86%) bis zur 16. Generation (65.536 Ahnen) verfällt der Anteil rapide auf knapp über 1% mit durchschnittlich noch 1.018 genetischen Vorfahren. Die Angaben wurden aus dem Durchschnitt für Frauen und Männer (leicht unterschiedlicher Erbgang wegen XX bzw. XY) gemittelt. Es gibt auch noch Minima und Maxima die ab der 5. Vorfahrengeneration existieren und sich bei 16. Generationen bei 89% bzw. 111% des Durchschnitts von 1.018 DNA-Vorfahren befinden.
Logarithmisch skaliert ist der Rückgang ab der 10./11. Vorfahrengeneration ancheinend konstant.
Es scheint immer noch kein peer reviewed Paper zu diesem Thema zu geben, insbesondere nicht solche die den Implex bzw. die möglicherweise eingrenzbare Bevölkerungsentwicklung (Wachstum) z.B. in Kontinentaleuropa berücksichtigen. Dazu einige interessante Betrachtungen: vergleicht man die angenommene Weltbevölkerung mit den Vorfahrenzahlen und nimmt eine durchschnittliche Generationslänge von 30 Jahren an (sollte z.B. für Tirol in den letzten 600 Jahren realistisch sein) wird mit 536 Millionen Vorfahren in der 28. Generation um ca. das Jahr 1150 die für damals angenommene Weltbevölkerungs-Anzahl von ca. 320 bis 370 Millionen schon deutlich überschritten. D.h. spätestens ab diesem Zeitpunkt spielt der Implex eine dominante Rolle. Zur Zeitenwende (ca. 70. Vorfahrengeneration) gab es nur ca. 150 bis 330 Millionen Erdbewohner aber theoretisch 1^21 (soviele Nullen hat die Zahl, auch Trilliarde genannt) genealogische Vorfahren ohne Implex.
Vorfahren Mann kompiliert laut B. Jenkins 2014 (Generation: Schnitt/genealogische Vorfahren (Prozent Schnitt, Prozent Min-Max)
Gen. 0: 1/1 Vorfahren (1, 1-1)
Gen. 1: 2/2 Vorfahren (1, 1-1)
Gen. 2: 4/4 Vorfahren (1, 1-1)
Gen. 3: 8/8 Vorfahren (1, 1-1)
Gen. 4: 16/16 Vorfahren (1, 1-1)
Gen. 5: 32/32 Vorfahren (1, 0.97-1)
Gen. 6: 64/64 Vorfahren (1, 0.94-1)
Gen. 7: 124/128 Vorfahren (0.97, 0.9-1)
Gen. 8: 219/256 Vorfahren (0.86, 0.79-0.93)
Gen. 9: 340/512 Vorfahren (0.66, 0.6-0.73)
Gen. 10: 466/1024 Vorfahren (0.46, 0.41-0.51)
Gen. 11: 583/2048 Vorfahren (0.28, 0.25-0.32)
Gen. 12: 687/4096 Vorfahren (0.17, 0.15-0.18)
Gen. 13: 779/8192 Vorfahren (0.1, 0.08-0.1)
Gen. 14: 861/16384 Vorfahren (0.05, 0.05-0.06)
Gen. 15: 938/32768 Vorfahren (0.03, 0.03-0.03)
Gen. 16: 1011/65536 Vorfahren (0.02, 0.01-0.02)
Gen. 17: 1081/131072 Vorfahren (0.01, 0.01-0.01)
Gen. 18: 1150/262144 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 19: 1217/524288 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 20: 1285/1048576 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 21: 1352/2097152 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 22: 1419/4194304 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 23: 1487/8388608 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 24: 1554/16777216 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 25: 1621/33554432 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 26: 1687/67108864 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 27: 1754/134217728 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 28: 1821/268435456 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 29: 1888/536870912 Vorfahren (0, 0-0)
Gen. 30: 1955/1073741824 Vorfahren (0, 0-0)
Update/Ergänzung 2025
Siehe Diskussion zum SWR-Artikel – Sind die meisten von uns Nachkomme von Kaiser Augustus in discourse.genealogy.net die zum obigen Thema zusammenhängende Fragestellungen behandelt. Ein paar Auszüge (ohne Quote von mir):
- Der Artikel rechnet mit einer Generationendauer von 25 Jahren, was in der Ahnenforschung jedoch unüblich ist. Genealogen setzen in der Regel einen Mittelwert von 30 Jahren pro Generation an. Über einen Zeitraum von 2.000 Jahren kommen wir demnach auf etwa 67 Generationen, nicht 80. Diese Diskrepanz beeinflusst die Berechnung der potenziellen Abstammung erheblich, da sich die Zahl der Vorfahren mit jeder Generation exponentiell erhöht.
- Es ist schon korrekt, dass sich die Anzahl der Ahnen mit jeder Generation verdoppelt. Gleichzeitig erhöht sich jedoch auch der Prozentwert des Ahnenschwunds mit jeder Generation und dieser liegt dann ca. in der 50. Generation bei über 99 %. Über 67 Generationen dürfte der Ahnenschwund bei 99,9% liegen. – Dies bedeutet, dass wir von einigen Ahnen mehrfach DNA vererbt bekamen und dadurch von anderen gar keine DNA mehr.
- Die Aussage: “Tausende von Trilliarden Vorfahren“ deutet ja auf eine Mathematik-Unkenntnis hin, denn diese Zahl ist falsch.
In der 70. Ahnengeneration hat man jeweils 590 Trillionen Ahnen pro Elternteil
(Trillionen ist eine Zahl mit 18 Nullen). DNA hat man jedoch nur noch von 2.485 Ahnen pro Chromosomensatz (bzw. Elternteil). Die Ahnensegmente dürften somit eine Größe von ca. 1,4 cM mit einer Spannungsbreite von ca. 1 bis 3 cM haben. Die Wahrscheinlichkeit von einem Vorfahren, der vor 2.000 Jahren lebte noch DNA zu haben beträgt somit 2.485 zu 590 Trillionen pro Chromosomensatz.…
Rechnen die Testanbieter und auch GEDmatch mit einem Mittelwert. Dieser liegt bei Ancestry bei 3.488 cM, bei MyHeritage bei 3.548 cM, bei FTDNA bei 3.384 cM und bei GEDmatch bei 3.570.
In meinen Vorträgen rechne ich mit einem Wert von 3.550 cM. pro Chromosomensatz. – Dies ergibt dann einen runden Wert von 7.100 cM für das komplette Genom.
Daraus ergibt sich dann, dass vor 100 Generationen es 3.550 Genetische Ahnen mit einem durchschnittlichen Ahnensegment von 1 cM pro Elternteil gab. Mittels Dreisatz ergibt dies dann in der 70. Ahnengeneration einen Wert von 2.485 Genetischen Ahnen mit einem Durchschnittlichen Ahnensegment von 1,4 cM pro Elternteil.
…
Falls Kaiser Karl in einer Ahnentafel vorkommt, liegt das so in der 40. bis 50. Generation. Die KI (ChatGPT) gibt die Bevölkerung um 800 wie folgt an:
- Für das Gebiet des heutigen Deutschlands: ca. 4–6 Millionen Menschen.
- Das gesamte Fränkische Reich hatte wahrscheinlich 10–15 Millionen Einwohner.
- Mitteleuropa umfasst Regionen wie das heutige Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Tschechien und Ungarn. * Die Bevölkerungszahl betrug insgesamt schätzungsweise 8–12 Millionen Menschen.
- Europa insgesamt hatte um das Jahr 800 wahrscheinlich etwa 25–30 Millionen Menschen. Dies umfasste Gebiete des Byzantinischen Reiches, Skandinavien, das fränkische Reich, die britischen Inseln, und Gebiete der Slawen.
In der 40. Ahnengeneration sind es 550 Milliarden Ahnen pro Elternteil, also insgesamt 1,1 Billionen Ahnen. – Die 99% Ahnenschwund ist somit spätesten in der 40. Ahnengeneration erreicht.
N.Bohrmann
Und in der 50. Generation sind es 563 Billionen Ahnen pro Elternteil, also insgesamt 1,2 Billiarden Ahnen.
Siehe auch folgende interessante Aussage unter Pedigree collapse – Wikipedia
If one considers as a function of time t the number of a given individual’s ancestors who were alive at time t, it is likely that for most individuals this function has a maximum at around 1200 AD.
Stimmt diese Aussage, haben vor 800 Jahren, d.h. wohl vor ca. 27-30 Generationen am meisten Vorfahren gleichzeitig gelebt.
Also das Maximum des Ahnenschwunds wird also bereits 1.200 n. Chr. erreicht. Das Maximum beträgt nach meinem Verstänndnis 99,99%.
800 Jahre sind ca. 27 Gnerationen. – Also wird bei Otto Normalo bereits in der 27. Ahnengeneration der Maximalwert von 99,99% Ahnenschwund erreicht. Mehr geht nicht.
Bei adligen Personen mit einem sehr kleinen Heiratskreis dürfte der Maximalwert von 99,99% schon bei ca. 20 Generationen erreicht sein, da bei einigen schon in der 12. Ahnengeneration der Ahnenschwund 90% beträgt.
N.Bohrmann
Es gibt eine interessante Arbeit von Professor Itsik Pe’er: Whole-genome sequence variation, population structure and demographic history of the Dutch population
Es gibt auch bei YouTube (siehe hier) einen Vortrag von Ihm darüber und er zeigt verschiedene PowerPoint Slides mit IBD Segmenten bis herunter zu 1 centiMorgan.
Er ordnet den Zeitraum von 1200 CE (expected time of a common ancestor transmitting IBD Segment) für IBD Segment von 6 – 7 centiMorgan an:
Zum Vergleich, IBD Segmente > 7 centiMorgan ordnet er von > 1500 CE an
Man kann also durchaus mittels DNA Segment Triangulation in diese Zeiträume hineinstossen.Bei einer Größe von > 8 centiMorgan ergeben sich laut meiner Nutzern von 318 – 450 verschiedene triangulierte Gruppen. 438 bei einem Nutzer der 100% AJ ist, also sehr viel Endogamie hat.
Wenn wir auf 7 centiMorgan heruntergehen kommen natürlich sehr viele IBS Matches hinzu, deswegen habe ich 8 centiMorgan als Minimum gesetzt. Wir können also nicht unbedingt diese bis zu 450 genetischen Vorfahren in Bezug zu 1500 bzw. 500 Jahre zurück setzen, es wird eher weniger als 500 Jahre sein (im Schnitt). Bei 30 Jahren pro Generation sind wir bei 16 Generationen bis dahin.
Laut der Tabelle von B. Jenkins sind das 65536 theoretische Vorfahren bzw. 1011 errechnet inkl. Ahnenschwund.
Umgekehrt betrachtet zeigt B. Jenkins auf das man in der 10.ten Generation 466 errechnete Vorfahren hat (von 1024 möglichen), was der Anzahl der TG’s am nächsten kommt. Erscheint mir eindeutig zu wenig dem häufig kommen wir bei TG’s ausserhalb des genealogischen Zeitraums (in dem Quellen vorhanden sind) an.
Andreas_West